Klänge aus anderen Zeiten
Schirum. Sieben Klarinetten, ein Klavier, allerlei Musik vor allem aus dem 19. Jahrhundert. Wunderbar. Sechs junge Meisterschüler der Klarinette waren mit ihrem Lehrer Norbert Kaiser nach Schirum gekommen, wo die Firma Pollmann und Renken wieder ihre Räumlichkeiten für ein Konzert zur Verfügung stellte.
Die gute Akustik dort ist verbürgt, und so waren die Besucher erwartungsfroh, was die Gipfelstürmer zu bieten wussten. Und das war eine ganze Menge. Zwischen Mozart und Giora Feidman entspann sich das Spektrum, das bei Luigi Bassi, Debussy, Brahms, Reinecke und Rachmaninow Halt machte. Ganz erstaunlich, was alles für Klarinette komponiert wurde. Dabei konnten alle Klangfarben der unterschiedlichen Instrumente der Klarinetten-Familie ausgelotet werden. Dazu das Bassetthorn, das bei Mozart zum Einsatz kam. Neue Klangfarben zu Mozarts Zeiten. Attraktive Klänge immer noch.
Norbert Kaiser, Studienfreund von Matthias Kirschnereit, moderierte und erläuterte, spielte aber auch selber. Helge Aurich, ehemals Student von Kirschnereit, begleitete am Klavier. Kirschnereit selber konzertierte an diesem Abend in der Schweiz.
Mit einer Rigoletto-Fantasie eröffnete Niklas Malcharczyk den Abend virtuos. Mozarts Adagio B-Dur für zwei Klarinetten und drei Bassetthörner bot eine selten gehörte Fortsetzung, ein „Unikat“, wie Kaiser ankündigte und gleich schwärmte, da habe man „einen Klang aus alter Zeit“ erlebt. Zugleich war dieser Beitrag die Möglichkeit, fünf der sechs Meisterschüler auf einmal zu erleben. Etwas ganz Feines.
Inspirierend: der spätimpressionistische Debussy mit Marianne Reh. Zauberhaft durchschimmernd und farbig gespielt. Dann Brahms „Sonate Nr.1“ aus einer Zeit, als der Komponist eigentlich schon nicht mehr komponieren wollte. Chiara Holtmann und Solomiia Kachur teilten sich die vier Sätze und gestalteten gemeinsam ein Werk, das emotional ebenso gespalten war – schwermütig im Beginn, dann mit einem wunderbar melodischen zweiten Satz, der sich zu einem zarten, duftigen Allegretto verfeinerte, ehe mit dem Vivace ein Abschluss erreicht wurde, der von einiger Zuneigung zu diesem Instrument spricht.
Der zweite Teil des Abends brachte den Lehrer, Norbert Kaiser, als Spieler auf die Bühne, der mit Charlotte Dohr eine hinreißende „Vocalise“ von Rachmaninow, ein Lied ohne Worte, dafür mit viel Stimmung und Innigkeit spielte. Carl Reineckes Undinen-Sonate verarbeitet das Märchen von la Motte-Fouqués in Musik. Die Sonate wurde von Charlotte Dohr und Niklas Malcharczyk wunderbar sprechend in Musik umgesetzt. Doch dann kam der Höhepunkt des Programms, der das Publikum entzückte: „Klezmer-Stück“ von Giora Feidman, das mit Tempo und Temperament von Norbert Kaiser und Adam Ambarzumjan hinreißend gestaltet wurde.
Auch mit der Zugabe trafen die Musiker ganz den Geschmack des Publikums. Alle Klarinettisten spielten gemeinsam den Gershwin-Klassiker „Lady be good“. Großer Applaus belohnte einen vergnüglichen Abend mit einem besonderen Instrument.