Sie flötet, tiriliert, kichert, quietscht

Münkeboe. Eine spielerische Glanzleistung lieferte Katja Riemann mit ihren beiden Lesungen von Texten Roger Willemsens im elften Konzert der Gezeiten. Dazu gab es schöne Klänge von Franziska Hölscher (Violine) und Marianna Shirinyan (Klavier). Ein kleines Gesamtkunstwerk also, das den drei Frauen auf der Bühne offenbar genau soviel Freude bereitete wie den Besuchern in der ausverkauften Kirche zum Guten Hirten in Münkeboe.


Lesung und Lesung als öffentliche Veranstaltung sind zwei Dinge. Manche sitzen steif am Tisch und lesen aus einem Buch vor. Das kann man machen. So richtig spannend aber wird es, wenn jemand den Text in Szene setzt, wenn er die Figuren im Text lebendig werden lässt. Riemann kann das: sie flötet, flirtet, simmert, tiriliert, quietscht, kichert, simuliert, verstellt die Stimme, ist lustig, überschwänglich, tänzerisch, poetisch, lyrisch, musikalisch. So ließ sie den oft scharfzüngigen, in Reime zerlegten Willemsen-Text des „Karnevals der Tiere“ zu einem zumeist sehr humorvollen Erlebnis werden.

Drei, die gut aufeinander abgestimmt waren: Franziska Hölscher (Violine), Marianna Shirinyan (Klavier) und Katja Riemann. Bilder: Karlheinz Krämer

Dabei zeigte sich, dass die Schauspielerin auch musizieren kann – mit Blockflöte oder Xylophon – und das passgenau und exakt. Die Musik für den „Karneval“ von Camille Saint-Saens gab es in geschmackvollen Arrangements von Jarkko Riihimäki, die die strahlenden Musikerinnen mit großer Freude vorstellten.Die zweite Lesung betraf auch einen Text des 2016 verstorbenen Willemsen, eine Hiob-Adaption aus dem Alten Testament – ebenfalls mit tiefgründigem Humor arrangiert, aber mit ernsthafter Aussage. Hier wurde eine schöne Auswahl von Musik bekannter Komponisten als „Illustration“ zusammengetragen: Strawinsky, Prokofjew, Mozart, Elgar und Schnittke, zudem ein Sonatensatz von Fazil Say, den die Besucher just am 28. Mai in der Großen Kirche zu Leer erlebt hatten.

Und noch einmal die drei Ausführenden, die das Gezeiten-Publikum in Münkeboe faszinierten

Das feinfühlige Aufeinander-Eingehen von Text und Musik kulminierte in Schnittkes 5. Satz aus der „Suite im alten Stil“, einer eleganten Musik, deren Herkunft aus dem Jahr 1987 man kaum glauben mag. Es wurden durchgängig nur kleine Auszüge aus größeren Werken gespielt – durchaus ein Anreiz, sich einzelne Musiken einmal ganz anzuhören – unter anderem eben Schnittkes Suite. Das ohne Pause präsentierte Programm wurde vom Publikum in der ausverkauften Kirche mit viel Enthusiasmus aufgenommen.