Alles in Bewegung!

Emden. Die Kunstwerke hängen oder stehen oder sind installiert. Die Eröffnung von „Bewegung – Wind & Wasser“ kann kommen. Helmut Müller und seine ukrainische Kollegin Inna Vytvytska haben sich in der Johanna-Mühle ausgebreitet, und ihre Kunst wartet nun am 8. Juni um 17 Uhr auf die ersten Besucher. „Vier Monate harte Arbeit stecken hier drin“, sagt Müller und legt versuchsweise den Schalter um, um zwei seiner neuesten Werke in Bewegung zu versetzen.

Organisieren und veranstalten die Ausstellung in der Johanna-Mühle: Gudrun Schuster-Eilers, Sarah Byl (freie Kunsthistorikerin), Helmut Müller, Inna Vytvytska, Norbert Tilmann und Jan-Remko Klebert (Mühlenverein). Bilder: Wolfgang Mauersberger

Derweil ist Inna Vytvytska beschäftigt, letzte Hand an ihre Installationen und malerischen Arbeiten zu legen. Lange Stoffbahnen in sanften Farben schwingen sich durch den Raum, Kunstwerke mit fließenden Abstraktionen sind im gleichen quadratischen Format gearbeitet und verbreiten eine positive, heitere Stimmung. Die 37-jährige ist vor zwei Jahren mit zwei Kindern, Eltern und Schwiegereltern nach Deutschland gekommen. Sie spricht gut Deutsch, arbeitet bei VW und nebenbei an ihrer Kunst, wenn sie nicht gerade Kurse an der Volkshochschule Leer gibt oder in Emdens Innenstadt Spontanmalkurse anbietet. „Zur Ausstellungseröffnung wollen viele Ukrainer kommen, und ich möchte ihnen etwas anderes zeigen, als das, was sie hinter sich gelassen haben“, sagt Inna Vytvytska.

Schwebend: die mit Federn gefüllten Kugeln in der Mühle, Der Raum ist mit farbigen Stoffbahnen und Bewegungs-Bildern bestückt

Sie hat die Staatliche Schule für Design und Kunst in Charkow besucht, einen Master mit Lehrbefugnis erworben, hat in Mariupol ein Textilgeschäft aufgebaut. Als es dort zu gefährlich wurde, siedelte die Familie um nach Kiew. Dort wurde das Unternehmen neu aufgebaut und besteht bis heute, geführt von ihrem Mann, berichtet Inna Vytvytska. Der ist gesundheitlich nicht auf der Höhe, wird daher nicht eingezogen, darf das Land aber auch nicht verlassen. Alle drei Monate setzt sich die junge Frau in einen Bus und fährt nach Kiew. Eine furchtbare Tour über fast zwei Tage sei das, sagt sie. Wie zerschlagen fühle sie sich hinterher.

Eröffnungsinstallation: Inna Vytvytska hat die Stoffbahnen im Winkel von 45 Grad vernäht, um sie in harmonische Bewegung zu versetzen

Von einer dieser Fahrten brachte sie auch die Textilien für das Mühlenprojekt mit nach Emden. Die Kontakte zu ihren Lieferanten bestehen noch. So beschaffte sie die mehr als zehn Meter langen farbigen Schals für ihren Ausstellungsbereich. Wesentlich komplizierter gestaltete sich das Nähen der Eröffnungsinstallation im Erdgeschoss der Mühle. Um diese Konstruktion ins Schwingen zu bringen, wurden die Stoffbahnen im 45 Grad-Winkel aneinandergenäht. Und tatsächlich bewegen sie sich sacht im Wind, der durch das offene Mühlentor weht.

Diese Installation aber bringt das Vorhaben von Gudrun Schuster-Eilers in Schwierigkeiten. Sie ist die dritte im Bunde und wird am Eröffnungstag das Projekt „Flügeltanz“ zeigen. „Fließende, freie und schwebende Bewegungen, ein Wechselspiel zwischen einem geschlossenen und weit geöffneten Raum und Körper“, beschreibt die Tanzpädagogin ihre Absicht, sich auch mit dem Tanz dem Ausstellungsmotto „Bewegung“ anzuschließen. Dabei hat sie noch eine andere Assoziation im Kopf, denn die Flügel der fünf Tänzer „bewegen sich wie die drehenden Flügel der Mühle“. Da der Innenraum nun doch für die wirbelnden Flügel zu niedrig ist, soll draußen getanzt werden. Eine Lösung findet sich also immer, um alles in Bewegung zu setzen.

Mittendrin: Künstler Helmut Müller, der die Ausstellung gemäß dem Motto „Bewegung“ konzipiert und gestaltet hat

Die Idee, die Mühle in ein Kunstwerk zu verwandeln, habe den Verantwortlichen des Emder Mühlenvereins zugesagt, erklärt Vorsitzender Norbert Tilmann. „Die Mühle erfährt durch die Kunst eine Veränderung“, stellt Tilmann fest und findet es noch im Nachhinein gut, dass man sich entschieden hat, nur zwei Künstler zu bitten, die Ausstellung durchzuführen. So konnte das Motto durchgängig und durch alle Arbeiten hindurch dargestellt werden.

Müllers Bilder, farbstarke Kuben, ein „Rosenbeet“, Kugeln – hängend und installiert

Eben das war die Idee von Helmut Müller, der seine großformatigen Arbeiten ebenso unterbringen konnte wie seine starkfarbigen „Kuben an der Kette“. Dagegen setzt Inna Vytvytska verschieden große, mit bunten Federn gefüllte, durchsichtige Kugeln. Bewegung allerorten.

Ein weiteres Element der Ausstellung ist die Musik. Der Argentinier Marc Rio wird auf seiner Gitarre südamerikanische Musik spielen, sodass sich Musik, Tanz und Kunst zu einem Gesamtkunstwerk zusammenfügen. Eingeladen ist jeder, der Spaß an einem solchen kreativen Dreiklang hat.

Mag es federleicht: Inna Vytvytska

Die Ausstellung ist zunächst bis zum 16. Juni geöffnet und bestreitet damit die diesjährige Kunstwoche der Johanna-Mühle. Am letzten Tag wird noch gesondert zur Finissage eingeladen.

► Die Ausstellung ist vom 9 bis 16 Juni täglich von 15 bis 18 Uhr geöffnet. Am 16. Juni findet um 17 Uhr eine Podiumsdiskussion zum Thema Kunst und Gesellschaft zwischen Helmut Müller und Pastor Wolfgang Ritter statt
► An den nachfolgenden Wochenenden, dem 22. und 23. Juni sowie dem 29. und 30. Juni jeweils von 12 bis 17 Uhr