Haltung eingefordert!

Emden. Es ist mit vielen Vorschusslorbeeren versehen worden – das Theaterstück der Ländlichen Akademie Krummhörn-Hinte (LAK) „Der Hoffnung verpflichtet“, das sich mit dem Leben des Emder Widerstandskämpfers Max Windmüller (1920 bis 1945) befasst. Am Dienstagabend (9. November) hatte es Premiere in der Johannes a Lasco Bibliothek.

Das Land hat „Der Hoffnung verpflichtet“ in seine Liste der Leuchtturmveranstaltungen zum Gedenkjahr „1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland“ erhoben (KiE berichtete). Und der Niedersächsische Landesbeauftragte gegen Antisemitismus, Dr. Franz Rainer Enste, bekannte, er habe etliche andere Termine abgesagt, nur um bei der Premiere des Stückes dabei sein zu können. Ministerpräsident Stephan Weil schickte ein schriftliches Grußwort, in dem er Zivilcourage, wie sie der Widerstandskämpfer Max Windmüller gezeigt habe, als moralische Haltung auch heute einfordert.

Solchermaßen eingebettet in Lob und Anerkennung (Enste nannte LAK-Geschäftsführerin Christine Schmidt bezogen auf ihre Arbeit in der und für die LAK ein „Juwel“) begann das Stück mit dem Aufmarsch einer Theatertruppe, die eine Art Spiel im Spiel inszenierte. Ihr Stück gegen Antisemitismus, das unmittelbar vor der Generalprobe steht, scheitert jedoch zunächst an den Hass-Tiraden des Internets und der Furcht der Spieler vor tätlichen Angriffen. Dennoch beschließt das Ensemble, sich gegen den äußeren Widerstand zu stellen und ihr Stück aufzuführen.

Eigentlich handelt es sich bei „Der Hoffnung verpflichtet“ nicht um ein Theaterstück, sondern um eine Art szenischer Biographie, die Christine Schmidt geschrieben und auch auf die Bühne gebracht hat – als dreistündigen Zweiteiler. Das Haus war voll, und die Stimmung gehoben, als Oberbürgermeister Tim Kruithoff den Abend auch im Rückblick auf die vorangegangene Gedenkveranstaltung am einstigen Standort der jüdischen Synagoge in der Bollwerkstraße eröffnete und dabei die Bürgermeister von Hinte, Uwe Redenius, Krummhörn, Hilke Looden, und Leer, Claus-Peter Horst, sowie den Präsidenten der Ostfriesischen Landschaft, Rico Mecklenburg, begrüßte.

Doch das vielfältige Lob im Vorfeld tat dem Werk selber offenbar nicht gut. Die Darstellung litt nicht nur an zu viel Personal (22 Spieler) auf der dafür zu kleinen Bühne. Es fehlte ein stimmiges und durchgängiges Regiekonzept. Es fehlte vor allem aber eine überzeugende Textvorlage, die nicht nur biographische Daten nennt und längere Textpassagen enthält, sondern, wie eigentlich versprochen, Hintergründe präzise herausarbeitet.

Und die Situation auf der Bühne? Wenn es um eine reine Lesung gegangen wäre, hätte man die Fülle, die sich im zweiten Teil zumindest etwas strukturierte, noch verstehen können. Aber unter diesen Umständen auch noch ein Theater auf dem Theater zu inszenieren – das war ambitioniert. Zwar waren alle Spieler textsicher, und auch die chorischen (24 Sänger) und musikalischen Elemente (vier Instrumentalisten) gelangen. Aber: Brachte der Text uns den Juden Windmüller in seiner extremen, lebensbedrohlichen Situation wirklich so nahe, dass man seine Empfindungen, Gefühle, Gedankengänge hätte nachvollziehen können?

Der Versuch, damals und jetzt zu verschränken, ist grundsätzlich ein bedenkenswerter Ansatz. Aber ist eine Internet-Bedrohung wirklich vergleichbar mit Todesmärschen, KZ-Folter und Zwangsarbeit unter den fürchterlichsten Bedingungen? Kann man eine solche Situation überhaupt in die Jetztzeit übertragen? Wenn dieses Stück die Absicht hatte, zum Nachdenken anzuregen, so ist das wirklich gelungen, allerdings auf andere Weise als beabsichtigt.

Es war Amateurtheater mit sehr ambitionierten Spielern, die viel Zeit und Leidenschaft in die Sache gesteckt haben. Ohne Zweifel. Aber es hat nicht so geklappt wie beabsichtigt. Und das ist wirklich schade.