Mehr als ein flüchtiger Eindruck

Kunstkalender 2023 ist den Ostfriesland-Fotografien von Künstler Ulrich Schnelle aus Boen im Rheiderland gewidmet

Aurich. Nein, nein. Ulrich Schnelle sieht sich nicht als Fotograf. Er versteht sich als Maler – ausschließlich. Dennoch stimmte der Künstler, der sein Atelier und eine Galerie in einem Resthof im Rheiderland betreibt, zu, als Dr. Annette Kanzenbach, hauptberuflich wissenschaftliche Kuratorin im Ostfriesischen Landesmuseum, ihm vorschlug, sich doch einmal seinen Bestand an Fotografien anzusehen. „Die kannte bisher doch niemand“, sagt sie.

Ulrich Schnelle mit seinem Kunstkalender für 2023

Sie selber sei auch erst durch eine Weihnachtspost von Schnelle auf dessen Fähigkeiten im Bereich der Fotografie aufmerksam geworden, berichtet Kanzenbach bei der Vorstellung des neuen Kunstkalenders im Haus der Landschaftlichen Brandkasse in Aurich. Der Kalender ist ein Format, das seit mehr als 50 Jahren von der Ostfriesischen Landschaft und der Ostfriesischen Landschaftlichen Brandkasse herausgegeben wird. Er widmet sich in diesem Jahr Schnelles Fotografien der ostfriesischen Landschaft. Man habe die Wahl unter rund 30 000 Abzügen gehabt, berichtet die Kunsthistorikerin. „Wir hatten da ein Entscheidungsproblem.“ Zwölf Motive schafften es schließlich in den Kalender.

Für Schnelle ersetzen die Fotos, die er vorwiegend auf Fahrradtouren durch das Rheiderland aufnimmt, ein Skizzenbuch. Gleichwohl sind es nicht einfach Aufnahmen der Landschaft, sondern sie sind mit dem geschulten Blick des Malers aufgenommen, der schon die Wahl des Ausschnitts kritisch prüft, so dass er schließlich „mehr als einen flüchtigen Eindruck“ auf das Fotopapier bannt. Dafür nutzt Schnelle mit Vorliebe alte analoge Objektive, die mittels eines Adapters an seine Kamera angepasst werden.

Was interessiert ihn insbesondere an der ostfriesischen Landschaft? Da muss Ulrich Schnelle nicht lange nachdenken: „Die Weite, der Horizont, über den sich der Himmel wie ein Kirchengewölbe spannt – und dann vor allem das Licht.“ Dieses Licht sei im Rheiderland sehr speziell und unterscheide sich etwa von dem in der Krummhörn. Diesem Eindruck gerecht zu werden, nutzt Schnelle einen emotionalen Zugriff: ein monochromes Grau, das sich in feinster Melancholie über die Bilder legt.

Reine Farben sind ihm ein Graus, denn es geht Schnelle nicht um die Darstellung von Realität, sondern um das Wesen dieser speziellen Landschaft, das zu ergründen er sich in Fotografien und dann auch in seinen Gemälden aufmacht. Auch diese sind ausschnitthaft und verfremden sich dadurch zu spektakulären Farblandschaften. Dabei interessiert sich Schnelle eigentlich für das Unspektakuläre. Das gilt aber dann eher für die Motive, die er wählt: ein Sonnenuntergang, Teek, das sich nach einer Sturmflut um Holz windet, mächtige Wolkengebilde.

Dem Kalender mit dem Titel „Meine Dollard Route“ bescheinigte der Vorstandsvorsitzende der Brandkasse, er sei ein „gelungener Wurf“. Und Landschaftsdirektor Dr. Matthias Stenger sieht in der Auswahl ein Ostfriesland realisiert „das man im Herzen trägt“. Schnelle habe „Bild-Ikonen eingefangen.“ Und Landschaftspräsident Rico Mecklenburg ist sicher, dass „man sich sputen muss, um noch einen Kalender zu bekommen“, denn erfahrungsgemäß sei die Auflage von 1000 Stück sehr schnell vergriffen.

► Der Kalender kostet 18,95 Euro ist ab sofort im regionalen Buchhandel, bei der Ostfriesischen Landschaft (Tel. 0 49 41 / 17 99 26) oder unter www.olv-gmbh.de zu bekommen

► Ulrich Schnelle wurde 1954 in Bünde (Nordrhein-Westfalen) geboren. Er studierte Malerei an der Hochschule für Gestaltung in Bremen. Als freischaffender Künstler lebt er seit 2002 in Ostfriesland.