Neues über Hogwarts

Emden. Standup-Comedy in der Johannes a Lasco Bibliothek. Das Publikum – ein ganz anderes als sonst. Jünger und willens, sich auf das Format einzulassen und sich zu amüsieren. – teilweise auch durch direkte Kommunikation mit den Akteuren auf der Bühne. Die Comedians ihrerseits staunen über die Räumlichkeiten, wähnen sich – der fragilen Pracht des Raumes wegen – gar im „Speisesaal von Hogwarts“. Harry Potter in Emden. Alleine die Vorstellung sorgte für Juchu.

Traten in der Bibliothek auf: Sertaç Mutlu, Alain Frei, Salim Samatou und Ivan Thieme

Die vier Alleinunterhalter hatten eine Fülle von Alltagshistörchen im Gepäck. Man erfuhr, dass einer der Herren Vater geworden ist, ein anderer geheiratet, ein dritter ein Einbürgerungsverfahren abgeschlossen und die deutsche Staatsbürgerschaft erhalten hat, dass der Versuch, einen Adventskalender zu basteln – über einige Stationen der pikanteren Art – in einen Hotelbrand ausarten kann. Es wurden kulturprägende Eigenheiten durch den Kakao gezogen, wobei es immer wieder auch um verschiedene Formen fäkaler Angelegenheiten ging.

Natürlich hatte man auch das Thema „Bahn“ im Blick, ein Pferd im Garten und ein Eichhörnchen in der Wohnung sorgten für Aufregung, die langatmige Ansprache eines Standesbeamten – erlitten auf harten Stühlen – war ebenso ein Thema wie die deutsche Vorliebe für Mettbrötchen – kurz: Es entfaltete sich kreuz und quer eine ziemliche Bandbreite obskurer Situationen vor den Zuhörern – manche wirklich witzig, andere eher weniger.

Die Art der Präsentation war nahezu frei von theatralen Elementen, sondern beschränkte sich wesentlich auf die zumeist schlichten Versuche, das Publikum zur Kommunikation zu animieren, was zu Beginn der Veranstaltung weniger gelang als zum Schluss, als der studierte Wirtschaftsinformatiker und Historiker Salim Samatou das Feld beherrschte, der mit liebevollem Spott über Urlauber und die Besetzung von Liegestühlen mittels Handtuch räsonierte.

Ivan Thieme, mit 26 Jahren wohl der Jüngste im Quartett, berichtete über die Fallstricke der deutschen Sprache, die auch einem gebürtigen Ukrainer, der nahezu akzentlos Deutsch spricht, immer noch Rätsel aufgeben können. Sertaç Mutlu erheiterte mit der Beschreibung seines Versuchs, seinen im Sand der Flitterwochen-Insel verlorenen Ehering wiederzufinden. Und der gebürtige Schweizer Comedian Alain Frei hat ganz offenbar ein Faible für absurde Situationen und denkt routiniert über seinen Spagat zwischen den Eigenheiten seiner Schweizer Heimat und seiner deutschen Sozialisation nach.

Das Programm bot kein feingeistiges, sprachlich brillantes Spiel mit Worten und Situationen, statt dessen ging es deutlich deftiger und direkter zu. Aber die Zeiten ändern sich – und mit ihnen die Gepflogenheiten.