„Eine beachtliche Leistung!“

Emden. 100 Jahre Emder Jahrbuch stellte der Leiter des Niedersächsischen Landesarchivs Abteilung Aurich, Dr. Michael Hermann, im Rahmen der Neuen Dienstagrunde von 1820dieKUNST vor. In diesem Säkulum sind mehr als 100 Bände der einzigen wissenschaftlichen Zeitschrift Ostfrieslands erschienen. Das sei „eine beachtliche Leitung“, lobte Hermann, ehe er in die Geschichte und die Entwicklung des Emder Jahrbuchs eintauchte und dabei das Verhältnis zwischen Kunst, Ostfriesischer Landschaft und dem Landesarchiv, ehemals Preußisches Staatsarchiv, näher in den Blick nahm.

Einer der Vorgänger Michael Hermanns im Amt des Archivleiters: Dr. Heinrich Kochendörffer

Dabei war der Beginn recht profan. Es gab einen schönen Vortrag von Kunstmitglied Petrus Bartels über den Dollart. Er erschien so grundlegend, dass er publiziert werden sollte. Der Drucker gab den Rat, gleich mehrere Aufsätze in einem kleinen Band zusammenzufassen. Das sei kostengünstiger. Das war ein Hinweis, der dem Vorstand einleuchtete. Die Perspektive, sich ein eigenes Organ zu schaffen, sei ein weiterer Antrieb gewesen, erläuterte Hermann. So könne man auch das Geschichtsbewusstsein in der Bevölkerung fördern, war die damalige Erwartung.

Die publizistischen Absichten der Gesellschaft für bildende Kunst und vaterländische Altertümer entwickelten sich in einer Zeit, als sich die Einrichtung eines Staatsarchivs abzeichnete, das einen Anspruch auf das Sammeln ostfriesischer Archivalien erhob. Wer sollte künftig die Oberhoheit über die Darstellung der Geschichte Ostfriesands haben? Ein Emder Verein oder eine staatliche Institution in Aurich? „Die Kunst war pikiert!“

Bis 1932 bürgerte es sich ein, dass die Kunst den Schriftleiter für das Emder Jahrbuch stellte, und der Leiter des Staatsarchivs in dem Periodikum publizierte. Daneben entstand mit den „Upstalsboom-Blättern“, die Professor Dr. Friedrich Ritter redigierte, ein Parallelorgan, das in höherer Taktung erschien, kürzere Texte bot, die vor allem allgemeinverständlich waren.

In der Nazi-Zeit behauptete das Landesarchiv seinen maßgeblichen Einfluß auf die landesgeschichtliche Forschung. Der damalige Vorsitzende der KUNST war mehr an der Entwicklung des Museums der Gesellschaft interessiert, und so übernahm 1935 der Leiter des Staatsarchivs alleine die Herausgabe des Jahrbuchs – allerdings starb er schon nach einem Jahr. Ohne weitere Absprache sicherte sich die KUNST die Herausgabe und wollte die Aufgabe auch nicht mehr zurückgeben.

In der Folge kommt die Ostfriesische Landschaft ins Spiel, die ab 1950 die Herausgabe des Jahrbuchs, ab 1951 auch den Vertrieb übernahm,. Doch der KUNST war nicht mit dem Verkaufspreis einverstanden, und als dann auch noch zwei Beiträge erschienen, die ein aktuelles und kein historisches oder landesgeschichtliches Thema beinhalteten, war man sich darüber klar, dass die Beiträge vor Erscheinen begutachtet werden müssten. Das übernahm ab 1980 der Leiter des Staatsarchivs, Walter Deeters.

Die große Wende kam 1995 – die Zeitschrift erhielt einen neuen Titel – Emder Jahrbuch für historische Landeskunde Ostfrieslands –, ein neues Outfit – farbig – und es gab eine neue finanzielle Konstruktion. Eine Erweiterung des Herausgeberkreises habe bei der KUNST zwar zum „Bedeutungsverlust“ geführt, stellte aber die Kontinuität der weiteren Arbeit sicher.