„Es gibt wenig, was so berührt wie Alte Musik“

Zweiter Abend des 20. Krummhörner Orgelfrühlings führte nach Rysum

Rysum. Die gotische Orgel von 1442 wurde belebt durch einen 22-jährigen Organisten, seinen Vater und durch einen italienischen Komponisten aus dem Frühbarock. Man hörte die Orgel durchaus im melancholisch, traurigen Ton geistliche Werke. Sie kann aber auch anders. Das bewiesen Marc und Johann Paul Ehlert mit einem Programm, das solistisch ein Schwergewicht war. Die Orgel führte dabei im Einklang mit einem Cembalo zauberhafte Dialoge und empfahl sich auch für eine Improvisation bestens.

Die Musiker hatten ein Programm mit deutschen Komponisten aufgestellt, dass vier Mal mit Sonaten von Ludivico Grossi da Viadana kontrastiert oder besser gesagt – veredelt wurde. Dessen Werke wirken lieblich, tänzerisch und eingängig. So lockerten sie das gesamte Programm auf, ohne aber unangenehm aus der Reihe zu fallen. Denn obwohl die Musik im wesentlichen tränenreich, manchmal schwermütig und von Entbehrungen gekennzeichnet war, setzte die Musik Viadanas einen lichten Stil dagegen.

Ein Werk von Melchior Schildt, das er nach eine bekannten Stück von John Dowland komponiert hatte, bestach durch den unvermutet einsetzenden Einsatz einer Singstimme, was einen wunderbar sphärischen Eindruck hinterließ. Dann wieder wurde ein Kirchenlied von Nikolaus Decius „Allein Gott in der Hoge sey Ehre“ zum klanghaften Orgelstück eines Anonymus. Wobei dies ein wichtiger Beitrag war, weil der letzte Satz des Liedtextes beschwört: „All Fehd hat nun ein Ende“, was wiederum einen direkten Bezug zum Motto des diesjährigen Orgelfrühlings herstellte.

Vater und Sohn taten sich keinen Zwang an und ließen die alte Orgel kraftvoll agieren. Die Registrierung war dabei abwechslungsreich und selbst die tränenreichen Kompositionen schienen eher unter Tränen zu lächeln als durchgängige Trauer auszustrahlen. Dass Mark Ehlert aber auch dem kleinen Cembalo staunenswerte Töne zu entlocken vermochte, bewies er eindrucksvoll mit einer Toccata von Bach, während Sohn Johann Paul eine Variation improvisierte, der er den Satz voranstellte: „Es gibt wenig, was so berührt, wie Alte Musik.“

Marc Ehlert sprach von dem Abend als von einem Wandelkonzert. Allerdings bezog sich das auf ihn selber, denn er wechselte ständig zwischen Orgel und Cembalo hin und her. Das Publikum wusste diese Agilität wohl zu würdigen, belohnte das Konzert mit viel Beifall und kam in den Genuss einer kleinen Zugabe: Es erklang eine Canzone von Frescobaldi.