Warten auf den „nächsten wunderbaren Film“

Emden. „Wir saßen im Dunkeln und improvisierten“, erinnert sich Klaus Badelt an den Ridley Scott-Film „Gladiator“ mit Russel Crowe in der Hauptrolle des Maximus. Was den deutschen Filmkomponisten mit ständigem Wohnort in Kalifornien in dem Moment beschäftigte, war der „Tod des Maximus“, für den er eine Musik komponieren sollte, die diesen Tod nicht als Ende, sondern als Anfang inszeniert. Die Anweisung war, dass es „nach oben“ gehen sollte. „Eine Art Auferstehung.“ Nur, wie komponiert man so etwas? Badelt nutzte schließlich eine Tonleiter, die er atmosphärisch umspielte, während die australische Sängerin Lisa Gerrard die Musik mit ätherischen Klängen in einer eigens erfundenen Sprache umwabert.

Angeregtes Gespräch zwischen Milena Fessmann und Klaus Badelt über dessen Leben und Werk. Bilder: Rouven Kirchhoff

Badelt war am Freitag (9. Juni) Gast eines Werkstatt-Gesprächs im Rahmen der Gezeitenkonzerte und des Internationalen Filmfestes Emden-Norderney in der Neuen Kirche. Er plauderte mit Milena Fessmann, Musikberatung für Film und Medien in Berlin, darüber, wie man es praktisch anfängt, Musik für einen Film zu komponieren, wie sein Verhältnis zu Emden ist, wie er mit dem Leiter eines Musik-Unternehmens, Hans Zimmer, in Kontakt kam oder warum die Arbeit an einem Film immer auch ein zeitliches Abenteuer bedeutet, denn oft genug gilt es, innerhalb weniger Stunden ein Thema für einen Film zu liefern, der am nächsten Tag bereits weiterbearbeitet oder gar schon gezeigt werden soll.

Und weil der Flügel bereit steht, führt Badelt gleich mal vor, wie sich das anhört – nicht mit großem Orchester, sondern einfach vom Klavier ausgehend. Das ist für ihn überhaupt wichtig. Man muss die Themen erkennbar auf dem Instrument spielen können, ehe sie weiter bearbeitet werden.

Gut besucht war die Neue Kirche beim Filmkomponisten-Gespräch

Etwas komplex ist die Beziehung des gebürtigen Frankfurters zu Emden. Das berichtete Badelt im Gespräch selber. Seine spätere Frau, eine Emderin, hatte bei einem Emder Filmfest Wolfgang Petersen angesprochen, ob sie wohl ein Praktikum bei ihm machen könne. Sie durfte, und war dabei, als 2006 der Film „Poseidon“ produziert wurde. Für diesen Film sollte Badelt die Musik schreiben. Aus diesem Grund war er ebenfalls am Set, und sie lernten sich kennen. Seither führen Familienbesuche die Badelts immer wieder mal in die Seehafenstadt.

Bei einem Urlaub in den Staaten („Ich wollte mich dort mal umsehen“) fasste er den Entschluss, einfach mal bei Hans Zimmer anzuklopfen. Er durfte schließlich als Praktikant Kaffee kochen, ab und an mal ein paar Takte komponieren – und fand das spannend. Obwohl er zu der Zeit bereits Filmmusik – unter anderem für den „Tatort“ – geschrieben hatte, wollte er mehr. Ein „Super!“ in Deutschland habe ihm nicht ausgereicht. Um ein solches Prädikat in den Staaten zu bekommen, dauerte es. Und es bedeutete, Kompromisse einzugehen. So musste Badelt es akzeptieren, dass sein Name bei „Gladiator“ nicht genannt wird, sondern der von Hans Zimmer. Das hänge mit den teuren Produktionen zusammen, bei denen man kein Risiko eingehen könne, sagt Badelt.

Akzeptieren müsse man auch Zeitdruck und knappe Termine, Nachtarbeit und lange Tage. Einmal galt es, für eine heftige Aktion-Szene aus „Mission Impossible“ – mit Hubschrauber, Motorrad und viel Schießerei – quasi über Nacht eine passende akustische Begleitung zu finden. Badelt erfand eine Phrase, die sich fortlaufend wiederholt. Nachts um 4 Uhr sei dann ein Gitarrist für die Begleitung dazugekommen – und Tom Cruise sei losgezogen, um Burger für die ganze Mannschaft zu besorgen.

Regisseur Werner Herzog habe er zunächst gefürchtet, bis sie zueinander gefunden hätten. „Herzog gab Freiheit und animierte zu Neuem.“ So komponierte Badelt zu einer langen Sequenz, bei der Bomben in Zeitlupe explodieren, keineswegs kraftvolle Kriegsmusik, sondern das genaue Gegenteil: lyrische Klänge, die die Ästhetik der sternförmigen Eruptionen aufnehmen.

Und für die Zukunft hat Badelt auch einen Wunsch. Er wartet „immer noch auf den nächsten wunderbaren Film“!