„Armut spaltet Gesellschaften“

Borkum. Der Vorsitzende des evangelisch-reformierten Diakonischen Werkes, Pastor Werner Keil aus Bremerhaven, hat vor einer Spaltung durch Armut gewarnt. Er sagte am Sonnabend, 7. Oktober, bei der Jahreskonferenz der Diakonie auf Borkum: „Armut spaltet Gesellschaften. Sie spaltet die globale Gesellschaft der Nationen in arme und reiche Nationen und Regionen, und gleichzeitig spaltet sie innerhalb der nationalen bzw. regionalen Gesellschaften die Bevölkerung.“

Keil habe, so die Pressemitteilung der Evangelisch-reformierten Landeskirche, betont, dass bei der Überwindung von Armut besonders nicht-arme Menschen gefordert seien. Er sagte: „Das reiche Kamel geht nicht freiwillig durchs Nadelöhr der Gerechtigkeit.“ Nur wer aus Richtung der Gerechtigkeit die Welt in den Blick nehme, werde sich den Gesichtern der Armut zuwenden können und schauen, ob es Wege durch das Nadelöhr geben könne.

In seiner Rede bestätigte Keil die aktuellen Probleme der Tafeln und Brotkörbe, die zuletzt in der vergangenen Woche bundesweit öffentlich debattiert wurden. Für immer mehr Hilfesuchende, bei denen das Einkommen nicht für das Lebensnotwendige reiche, stünden immer weniger Spenden von Herstellern und Einzelhandel zur Verfügung. Keil kritisierte, dass sich die Tafeln „zu einem parallelen Reparaturbetrieb im sozialstaatlichen Gefüge“ entwickelt hätten. Es gäbe immer häufiger Berichte, dass in der Diskussion um die Höhe von Sozialleistungen der Satz „Dann können Betroffene ja zur Tafel gehen“ falle. Keil sagte: „Sozialpolitisch müsste das Ziel die Auflösung der Tafeln sein.“ Gleichwohl lobte er: „Unbestritten ist die Arbeit der Tafeln segensreich und sinnvoll. Sie ist eine gute und notwendige Nothilfe.“

Kirchenpräsidentin Susanne Bei der Wieden wies in ihrem Grußwort auf die Folgen einer nicht bekämpften und wachsenden Armut hin. Sie sagte, „die deutliche Furcht vor Armut und vor einem wachsenden Armutsrisiko fördert in der Mitte der Gesellschaft Misstrauen in die Politik und das rechtsstaatliche System.“

Mit ihren diakonischen Angeboten begegne die Kirche tagtäglich dem Thema Armut. Bei der Wieden dankte in diesem Zusammenhang den den Mitarbeitern. „Sie begegnen den Menschen, die von Armut betroffen sind. Sie schenken Ihnen Gehör. Sie schenken Ihnen offene Herzen. Sie geben ihnen eine Stimme.“ Das sei ein Hoffnungszeichen und ein wichtiges Signal in die Gesellschaft hinein. „Vielleicht auch ein solches, das Menschen zum Mittun einlädt“, so die Kirchenpräsidentin.