Hinreißend mitreißend

Emden. Nein – das war kein Silvesterkonzert der üblichen Art. Keine schmelzende Wiener Walzerseligkeit, keine feschen Polkas, keine treibenden Märsche. Statt dessen gab es ein Programm, das Bögen spannte – zwischen damals und heute, zwischen prunkvollem Barock und temporeicher Modern, zwischen dem 15. und dem 21. Jahrhundert. WorldBrass eben.

Die Musiker kommen aus England, Schottland, Skandinavien, Slowenien, Australien, haben ein oder zwei Staatsbürgerschaften, sind durch ihren Beruf zu Weltbürgern geworden. Immer wieder wird das Ensemble auch durch neue Musiker als Gäste erweitert oder ergänzt. Diese müssen allerdings einer Qualifikation besonders genügen – sie müssen nett sein. So betonten die unterschiedlichen Moderatoren des Ensembles im Emder Silvesterkonzertes in der Johannes a Lasco Bibliothek mit viel Humor und Liebenswürdigkeit.

Dieser inspirierende Charme wurde dann auch während des Konzertes zu einem tragenden Element eines Abend, der für die elf Musiker von WorldBrass – Musikhochschul-Professoren, Mitglieder bekannter Orchester oder eigener Formationen – anstrengend gewesen sein muss. Denn sie spielten zweimal nacheinander. Insgesamt konnten so 640 Besucher an den musikalisch reichen Veranstaltungen teilnehmen. Das Programm gestaltete sich europäisch, untermischt mit speziellen Arrangements oder Titeln, die eigens für WorldBrass komponiert wurden. Das alles war in einen Sound verpackt, der sich hinreißend mitreißend gestaltete und auch eindringlich jazzige Passagen enthielt.

Beginnend mit englischen Komponisten der Übergangszeit zwischen Renaissance und Barock ging es über Händel, dessen „Joy to the world“ auch den Titel des Programms bildete, zu Grieg und Humperdinck und weiter zu den modernen Komponisten Jan Koetsier, Simon Willis und Tsuumi Sound Systems, einer Weltmusikband aus Finnland.

Dabei fand alles seinen Platz in diesem schönen Konzert, weil die Qualität des musikalischen Ausdrucks und des harmonischen Miteinanders der Bläser und ihres Percussionisten zum Leitmotiv wurden – egal ob ein Medley englischer Weihnachtslieder gespielt wurde oder ein wilder Hotas, ein Tanz, erklang, ob der wunderbar modulierte „Abendsegen“ sich im kerzenbeleuchteten Raum verteilte oder – in der Zugabe – ein stürmischer „Hummelflug“, der nur noch entfernt Anflüge an die Komposition von Rimski-Korsakow enthielt, temporeich ertönte. Ein Auftritt nach Maß, der auch den Musikern zusagte, denn sie äußerten den Wunsch, auch im neuen Fespspielhaus am Wall spielen zu dürfen.

► Dass man dort nun wirklich auf die Zielgerade eingebogen sei, betonte die Betriebsleiterin von Kulturevents, Kerstin Rogge-Mönchmeyer, in ihrer Begrüßung. Gleichwohl wird der nächste große Konzertabend mit dem Württembergischen Kammerorchester Heilbronn (Dirigent: Case Scaglione) und den Solisten Lena Neudauer und Matthias Kirschnereit am 29. Februar in der Johannes a Lasco Bibliothek stattfinden.