Verwundernde Verwandlungen

Emden. „Oh, das kenne ich ja noch gar nicht“, sagt Gabi Frerichs – und schaut erstaunt auf die Leinwand, die groß und hochformatig auf der Halterung lehnt. Klaus Frerichs, Gymnasiallehrer im Ruhestand und bildender Künstler ohne Ruhestand, hat – mal eben so – am Sonntag eine Idee für ein neues Gemälde gehabt und gleich mit der Umsetzung begonnen. Antik sieht es aus, wie da die Frau im faltenreichen Gewand an einer Säule lehnt, auf der ein kleines Stillleben Inspiration verspricht. Frerichs schaut indifferent, spricht von Aufklärung, und meint damit die Möglichkeit, diese Epoche aus der heutigen Sicht bildlich umzusetzen.

Klaus Frerichs mit seiner „Dame mit Brille“ auf der Staffelei

Das Gemälde ist noch Fragment. Aber es zeigt formale Zugänge, die sich ab dem 4. Februar in einer Ausstellung von rund 60 Arbeiten des Künstlers in der Johannes a Lasco Bibliothek im direkten Gegenüber aufdecken lassen. Zehn Jahre sind seit der letzten Ausstellung am selben Ort vergangen. Jetzt möchte Frerichs zeigen, was sich in dieser Dekade bei ihm getan hat. Verwundungen hat es gegeben, aber auch Verwunderung. Zwischen diesen beiden Begriffspolen bewegt sich dann auch schlüssig die Schau – das verspricht der Titel, der in seiner geschriebenen Form für einen verständnisinnigen Schwebezustand sorgt: „VerWUND(ER)ungen“

Die Ausstellung entspringt dem Wunsch des Künstlers, zu seinem 70. Geburtstag Positionen seines Werkes aufzuzeigen, die das Staunen über das Leben und seine tänzerisch beschwingte Lebendigkeit mit Gedanken an das unabweisliche Ende in farbenreichem künstlerischen Gestus vereint. Kein Totentanz im kirchlichen Sinne, aber doch eine Hommage an das Hiersein – wie auch an das Nicht-mehr-hier-Sein. Tanz – ob im Tod oder im Leben – bedingt Musik. Und weil Klaus Frerichs durch die Sonntagsmatinéen in der Johannes a Lasco Bibliothek eine starke Neigung für die kleinen Formen in der Musik empfindet, wünschte er sich für seine Ausstellungseröffnung eben dieses Zusammengehen von Kunst und Musik.

Bild Nr. 7 aus dem Zyklus „Danse Macabre“

Die Begründerin der Sonntagskonzerte, Sopranistin Vilma Pigagaite, stellte ein Programm zusammen, das in kleiner Personalausstattung größtmögliche Wirkung entfalten will. Edvard Griegs „Ein Traum“, Ottmar Gersters „Die Amsel“ nach einem Gedicht von Max Dauthenday, Franz Schuberts „Auf dem Wasser zu singen“ markieren den Einstieg ins Thema, ehe Harald Groenewold, Vorsitzender der Gesellschaft der Freunde der JaLB, seine Einführung in das Thema gibt. Dann erklingt in einer ganz aktuellen Bearbeitung von Leonid Dorfman der „Danse Macabre“ von Camille Saint-Saëns erklingt. Das Vormittagsprogramm wird abgeschlossen durch Gustav Mahlers Lied „Das himmlische Leben“ aus „Des Knaben Wunderhorn“, für Klarinette, Sopran und Klavier eingerichtet von Klaus Simon.

Aus den „Schwarz-weißen Landschaften“: Waldweg

Frerichs zeigt insgesamt drei Zyklen, dazu Vorstudien mit dem Bleistift sowie sehr intensive Landschaften im klassischen Schwarz-Weiß. Dass sich für einen Künstler häufig nicht alles so entwickelt wie geplant, amüsiert auch den Maler. Denn der Totentanz-Zyklus sollte eigentlich nur vier Bilder umfassen. „Aber dann ging es erst so richtig los.“ Ob nun auch das neue Gemälde auf der Leinwand in seinem Atelier als Inspirationsquelle für weitere Arbeiten dienen wird? „Wer weiß …“, orakelt Klaus Frerichs.

► Die Musiker: Vilma Pigagaite (Sopran), Leonid Dorfman (Klavier), Markus Rölz (Klarinette)
► Eintritt: frei