Künstlerische Tiefe eines menschlichen Dramas

Emden. Der Emder Singverein von 1805 lädt am kommenden Sonntag, 18. Februar, um 17 Uhr in die Martin-Luther-Kirche ein. Auf dem Programm steht die Johannes-Passion von Johann Sebastian Bach – ein hochdramatisches Oratorium. „Für mich war die Möglichkeit, dieses Werk aufzuführen, der Grund, überhaupt die Chorleitung in Emden zu übernehmen,“ sagt Clemens-C. Löschmann über die „Ikone unserer Kultur“.

Der Singverein unter Clemens-C. Löschmann bei einer Probe in der Aula der IGS Emden

Da der Singverein das Projekt gemeinsam mit dem Bremer RathsChor angeht, stehen insgesamt rund 100 Sängerinnen und Sänger sowie sieben Solisten auf der Bühne. Dazu kommt mit Concerto Bremen ein Orchester, das auf historische Aufführungspraxis spezialisiert ist. Ein Riesenunternehmen also, für das Clemens C. Löschmann die Gesamtverantwortung trägt. Denn er probt tatsächlich mit beiden Ensembles äußerst intensiv – in Emden am Montag, in Bremen am Mittwoch.

Der Tenor und Dirigent hat schon seit seiner Ausbildung immer wieder die Rolle des Evangelisten gesungen, mit der das Werk steht und fällt. Dabei hat er von Anfang an seine Interpretation der Musik von der Interpretation des Wortes her unternommen. Und so hat Löschmann auch seinen Sängern eingeimpft, dass sich in diesem Oratorium alles aus dem Text heraus entwickeln muss.

Die Männerstimmen: Tenor und Bass

Sängerin Virginia Poetzsch (Sopran) sieht in der inhaltlichen Erforschung des Oratoriums einen großen Reiz. „Ich freue mich wahnsinnig auf die Aufführungen.“ Der Plural verweist darauf, dass das Oratorium nicht nur in Emden zu hören sein wird. Am Tag zuvor erklingt es auch in Bremen-Blumenthal. Die Geschichte vom Sterben Christi nach dem Johannes-Evangelium wird also zweifach auf die Bühne gebracht – in Bremen in einer reformierten Kirche, in Emden in einer lutherischen.

Von einer enormen Intensität der Aufführung spricht Norbert Tilman (Tenor). Musik und Text vereine, dass beide eine wirkliche Herausforderung darstellten. Und Anne Ernst (Alt) ist ebenso wie ihre Sängerkollegin Ulrike Glag von der expressiven Ausdrucksweise des Werkes, seiner Leidenschaft und der Lebendigkeit der Präsentation fasziniert. Bass Matthias Meyer fühlt sich inzwischen in der „Johannes-Passion“ sogar „wie zu Hause“. Dazu trage bei, dass Löschmanns Interpretation des Textes so einleuchtend sei.

Die Damen vom Alt

Damit die beiden Chöre sich aufeinander einstellen konnten, wurden zwei Chorfreizeiten organisiert. „Wir haben uns gleich bestens verstanden und harmonieren miteinander“, hat die Vorsitzende des Singvereins, Professor Dr. Sylvia Kotterba, dabei festgestellt. Und natürlich sei es eine große Freude, in einem so großen Klangkörper zu agieren, fügt Vorstandsmitglied Cathrin a Campo hinzu.

Die intensive Durchdringung von Text und Musik ist für Hans-Jürgen van der Camp, Nachfolger des verstorbenen Jörg Volker Kahle als 2. Vorsitzender, ein Beleg dafür „wie man durch Singen Ausdruck schaffen“ kann. Und Löschmann selber betont, er stehe immer wieder „vor dem Genius Bach und frage mich, wie kann das sein?“ Zur Arbeit mit dem barocken Werk gehört auch das Wissen um die Tongeschlechter und ihrer Charakteristika, sowie die Symbolik der Sprache. Daneben geht es aber auch um die Wirkung der Choräle, die Ausdrucksmöglichkeiten jener Gruppen, die der Chor quasi bedeutungsintensiv mitsingen muss – als Volk, als aufgebrachte Menge. Insgesamt ist die Wirkung des Oratoriums wie in einer Oper von dramaturgischer Tiefe, versichert Löschmann.

Und hier die Soprane

Selten einmal sei die Organisation so unkompliziert gewesen wie in diesem Jahr, sagt Sylvia Kotterba. Grund dafür ist Kulturevents Emden. Die Einrichtung hat die Veranstaltung unter ihre Fittiche genommen und unterstützt technisch, aber auch finanziell. Das sei überaus erleichternd, versichert der Vorstand, der sich nun ganz auf die beiden Aufführungen konzentrieren kann: am Sonnabend, 17. Februar, in Bremen, am 18. Februar in Emden.

Die Solisten: Andreas Post (Tenor, Evangelist), Lukas Gerber (Bass, Christusworte), Stephanie Henke (Sopran), Meinderd Zwart (Altus), Leonhard Reso (Tenor, Arien), Jörg Gottschick (Bariton), Jonas Domeier (Tenor, Soliloquenten)

► Eintritt: 22, ermäßigt 15 Euro, Schüler fünf Euro. Reservierung: Ticketservice von Kulturevents Emden, Alter Markt 2 oder über kontakt@singverein-emden.de