… und dennoch bleibt die Hoffnung“

Emden. Die Bilder der Ausstellung „VerWUND(ER)ungen“ von Klaus Frerichs in der Johannes a Lasco Bibliothek wurden in ihrem Entstehungsprozess begleitet von umfangreichen Briefwechseln mit Freunden, Bekannten und Familienmitgliedern. Frerichs hat diese Kommunikation in einem Buch zusammengefasst: „Danse Macabre. Diskurs um einen entstehenden Gemäldezyklus“. Und dieses Buch wurde für den Rezitator Hermann Wiedenroth (aus Bargfeld, Kreis Celle) zur Grundlage für eine Lesung, die die Gesellschaft der Freunde der Johannes a Lasco Bibliothek veranstalteten.

Mit dem letzten Bild des zehnteiligen Zyklus: Hermann Wiedenroth, Klaus Frerichs und Harald Groenewold. Bilder: Wolfgang Mauersberger

Die von Wiedenroth ausgewählten Briefe wurden anonym vorgetragen. Man erfuhr leider nicht, wer da gerade welche Meinung vertrat. Teilweise waren es wohl auch mehrere Briefe zu demselben Bild, die absatzlos aneinander gekoppelt wurden. Das war etwas verwirrend, weil sich Äußerungen wiederholten oder in andere Richtungen verliefen. Doch eine interessante bildliche Kommentierung ergänzte die Lesung sehr vorteilhaft. Frerichs hatte nämlich die Gemälde während des fortschreitenden Arbeitsprozesses immer wieder fotographiert. Dieses „Work in Progress“ wurde in einer Überblendtechnik auf eine Leinwand projiziert.


Dabei ergaben sich überraschende Einblicke in die Entstehung des Zyklus. Etwa jene, dass die sich herausbildenden Hintergründe eine bedeutsame Wirkung auf den Gesamtausdruck der Bilder hatten. Drittes Gestaltungselement des Abends: Wiedenroth stellte jeder neuen Bild-Lesung ein Gedicht voran und erwies sich dabei als sehr kreativ. Denn er hatte ausschließlich Lyrik mit Bezug zum Thema „Tanz“ ausgewählt – von Augustinus, Johann Wilhelm Ludwig Gleim, Georg Heym, Klabund, Franz Werfel, Gertrud Kolmar oder Else Lasker-Schüler. Das öffnete einen weiteren Interpretationsansatz.


Wiedenroth, gern gesehener Gast in Emden, las gewohnt professionell, erreichte aber den Höhepunkt seiner Lesung beim Vortrag der Schleiertanz-Szene aus „Salomé“ von Oscar Wilde, bei der er die unterschiedlichen Rollen mit unterschiedlichen Stimmlagen nicht nur sprach, sondern regelrecht spielte.

Die Texte, die Wiedenroth aus dem „Diskurs“ ausgewählt hatte, waren allesamt Interpretationen zu den Bildern. Diese gingen sehr akribisch einzelnen Motiven nach und legten Wert auf Bedeutungssuche – und dies immer auf der Basis der im Bild vorkommenden Tanzmotive, die nun allerdings zwar Seelenmomente vorstellen, sich aber dem klassischen mittelalterlichen Totentanz eher verweigern. Und obwohl das letzte Bild eine völlige Auflösung aller menschlichen Gegenwart suggeriert, bleibt dennoch die Hoffnung – wenn auch nur als eine Aufhellung der Himmelsschwärze.