Bernies Bekleidung ist einzigartig

Emden. Die aus einer Vielzahl von Einzelstücken bestehende Kleidung der Moorleiche von Bernuthsfeld ist ein Ensemble, zu dem es nichts Vergleichbares gibt. Zu dieser Einschätzung kam der Leiter des Archäologischen Forschungsinstituts der Ostfriesischen Landschaft, Dr. Jan Kegler, im Rahmen eines Vortrags, den er vor Mitgliedern von 1820dieKUNST im Rummel des Rathauses am Delft hielt.

Dr. Jan Kegler erläutert die Verlegung von Pipelines in der Nordsee. Bilder: Wolfgang Mauersberger

Allein die Tunika von „Bernie“ bestehe aus 40 Einzelflicken, die eine Art Kompendium der textilen Möglichkeiten des Frühmittelalters darstelle, sagte Kegler. Daher solle dies Ensemble genauer in den Bick genommen werden. Denn während die Moorleiche selber in einem mehrjährigen disziplinären Forschungsprojekt genauestens untersucht wurde, sei dies für die Kleidung nicht im gleichen Maße geschehen.

Kegler hatte eigentlich das Thema „Von Leitungen, Münzen und Häusern. Archäologische Denkmalpflege in Ostfriesland. Ein kleiner Rückblick auf die letzten Jahre Bautätigkeit in Ostfriesland“ gewählt. Dabei ging es um die Verlegung von Pipelines für Strom, Gas, Wasserstoff, die Ostfriesland, aber auch das Wattenmeer und Teile der Nordsee durchschneiden oder untertunneln, und die sich daraus ergebenden Folgen für die Archäologie. Doch das Thema Forschung ließ Kegler dabei nie aus dem Blick. Und so bekamen die Besucher zugleich Informationen über die aktuellen Wissenschaftsprojekte, die für Ostfriesland in Gang gesetzt wurden.

Hier geht es um die Textilien der Moorleiche von Bernuthsfeld

Das sind neben der Bekleidung der Moorleiche und den geplanten Untersuchungen in der Johannes a Lasco Bibliothek zum möglichen Grab Adolfs von Nassau vor allem die Forschungen zur Bestattungskultur anhand der Grabplatten der Großen Kirche, der Gasthauskirche und des Nesserlander Friedhofs (KiE berichtete). In Aurich sorgte der Fund einer Bierflasche des 19. Jahrhunderts derart für Furore, dass daraus jetzt ein kleines Bürgerprojekt entstehen soll. Bürger sollen nämlich helfen, Objekte im Zusammenhang mit der Actienbrauerei Aurich zusammenzutragen. Zudem gab es einen Rückblick auf den spektakulären römischen Münzfund bei Filsum und die Untersuchungen des jüdischen Friedhofs im Stadtteil Tholenswehr, wo der Untergrund mit geophysikalischen Methoden untersucht wurde.

Zudem ließ es sich Kegler nicht nehmen, die ältesten menschlichen Überreste, die bisher in Ostfriesland gefunden wurden, vorzustellen. Es sind dies zwei Unterkiefer, die auf Baltrum und Spiekeroog angeschwemmt wurden, der eine 5500 vor Christus, der andere 3800 vor Christus datiert.

Spektakulärer Fund: römische Silbermünzen, die ehrenamtlich tätige Sondengänger bei Filsum fanden

Leider bleibe die Forschung auf der Strecke, weil die Zahl der Bauprojekte massiv zugenommen habe, zu denen die Archäologie Stellungnahmen abgeben müsse. „Etwa 60 Prozent meiner Arbeitszeit gehen für diese Büroarbeit drauf“, beklagte Kegler. Habe die Zahl solcher Stellungnahmen im Jahr 2008 bei 285 gelegen, so stieg sie bis 2021 auf 2107. Im letzten Jahr sackten die Zahlen etwas, aber rund 1700 mal mussten die Archäologen ihre fachliche Beurteilung von Bauprojekten dann doch abgeben.